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Terror
„All die Geister“ Zyklus.
Erste Erzählung.
Prolog: Janes Traum
„Letzte Nacht
bist du noch einmal zurückgekehrt
in einem Traum
einem schrecklichen Traum.
Jetzt weiß ich
es ist vorbei.
Du bist tot.
Alle sind tot.“
Erste Abteilung: Maaten
Etwas ist bei uns unter Deck
Es klagt, es flüstert, sein Gejammer
dringt herauf aus dem Versteck
unterm Orlop in der Totenkammer
Dort sitzen arme Seelen fest
da uns das acht Fuß tiefe Eis
kein Seemannsgrab mehr schaufeln lässt
so tief ist es, so fest und weiß
Etwas ist mit uns auf dem Schiff
Es folgt uns
wie ein stummer Schatten
Die Maaten hält es fest im Griff
Stur sagen sie
Das sind doch nur Ratten
Zähne nagen schon seit Wochen
in der Kammer durch das Leinen
hin zu Haaren, Haut und Knochen
zu gefrorenen Gebeinen
Wahrschau!
Die Männer glauben felsenfest
etwas lauert dort im Dunkeln
Wenn man die Maaten reden lässt
berichten sie, wie Augen funkeln
Die Offiziere winken ab und sagen
Das ist doch nur das Eis
Doch selbst sie
quälen längst bange Fragen
denn jeder Backsmaat weiß
dass nicht nur das Presseis scharrt
Nachts steigt ein Flüstern auf
Man hört es wenn man Kohle karrt
von der Last zur Messe rauf
Die Abendwache
kann’s beschwören
Dort in den Nebelschwaden
kann man sie stöhnen hören
die toten Kameraden
Wahrschau!
Dem ersten Winter trotzten wir
dem zweiten
hielten wir noch stand
Der dritte Winter ist nun hier
Er knechtet uns
mit seiner Eiseshand
Die Fahrrinne bleibt zugefroren
Der Sprengstoff
ist längst ausgegangen
Wir haben unsre Kraft verloren
sind hier
seit Jahr und Tag gefangen
Wo Pressrücken sich auftürmen
wo die Gewalten sich verschworen
in Kälte, Nässe und Stürmen
ging die Erebus verloren
Auch uns verschont
das Packeis nicht
Es malmt und schiebt
und quetscht
als es die Schotten bricht
und seine Zähne fletscht
Nichts als die Dunkelheit
verhüllt uns Tag und Nacht
Und von draußen schreit
der Wind, er zerrt und lacht
Wahrschau!
Die Luft ist stickig und schwer
Die Vorratskammern sind leer
Keiner spricht es laut aus
Wir müssen hier raus!
Terror
Erebus
navigantur
et procedunt
in tenebris
et frigore
Umbrae silentes
et larvae
Zweite Abteilung: Tiere
„Zieht! Zieht!“
Wir ziehn an nassen Tauen
die Beiboote zu Fuß
Als wir nach Norden schauen
ein schwacher, letzter Gruß
Dort ragen kahle Masten
einer Warnung gleich hinauf
Bepackt mit Furcht und Lasten
gaben wir die Terror auf
Stemmt und zieht!
Was immer auch geschieht
bleibt bloß nicht stehen!
Wir müssen weitergehen
Schiebt an! Schiebt an!
Wir kommen kaum voran!
Wir stecken fest im Eis
im endlos kalten Weiß
Aus Maaten werden Tiere
Plötzlich geht es schnell
Die letzten Offiziere
sie rufen zum Apell
Dort starren sie in Augen
ausdruckslos und leer
Dort, wo einmal Hoffnung war
ist keine Hoffnung mehr
Seht her! Habt acht!
Ein Feuer wird entfacht
Schöpft aus seiner Glut
noch einmal allen Mut
Gebt acht! Gebt acht!
Wir wachen heute Nacht
über jeden, der sich rührt
jeden, der den Hunger spürt
Jetzt ziehn wir Rettungsboote
durch Kälte, Schnee und Eis
In ihnen liegen Tote
von denen keiner weiß
Wir könn’n sie nicht bestatten
doch wir lassen nichts zurück
Wir fraßen selbst von Ratten
jedes noch so magre Stück
Der Scharbock holt uns alle ein
ganz gleich, wie wir uns sputen
Er macht uns schwach
krümmt Arm und Bein
lässt Haar und Knochen bluten
Das alte Ungeheuer
gräbt sich jedem ins Gesicht
in Nächten ohne Feuer
ohne Wärme, ohne Licht
In Plünnen klamm und schwer
geh’n wir starr
vor kaltem Schweiß
der Sonne hinterher
oder stolpern wir im Kreis?
Tagsüber in der Ferne
spiegeln Segel sich im Eis
doch nachts beim Licht der Sterne
ist da nichts als kaltes Weiß
Dritte Abteilung: Gespenster
Wer lebt, fürchtet die Toten
die hinter uns marschieren
Sie folgen unsren Booten
geduckt, auf allen Vieren
Knochenmänner ziehen
die Pinassen im Geschirr
Die letzten Kräfte fliehen
hohle Augen stieren wirr
Die Toten, steif und hager
Schwarze Schatten in der Nacht
umkreisen unser Lager
harren wortlos unsrer Wacht
Ihr Flüstern, es hebt an
Wenn die Stille uns umfängt
dringt sie ein in jeden Mann
die Stimme, die uns lenkt
Sie kommen!
Sie sagt, wir müssen gehen
ein Ort weit fort von hier
Sie sagt, ihr werdet sehen
ihr seid längst tot wie wir
Sie kommen uns hol ‘n!
Wahrschau!
Schlaf, wo bleibst du?
Tod, was treibst du?
Eis, wann schmilzt du?
Geist, was willst du?
Schlaf, wo bleibst du?
Tod, was treibst du?
Mutter, komm und deck mich zu!
Gib mir Ruh! Gib mir ewige Ruh!
„Hier. Ich bin hier. Wo bleibst du, Schlaf, wo bleibst du‘?“
Nur noch ein paar Stunden
nur noch dieses eine Stück
Der Hunger, er schlägt Wunden
lässt uns ausgezehrt zurück
Dort wo wir niederkauern
steigen sie empor
Gespenster, die hier lauern
sie kriechen uns ins Ohr
Mit Stimmen, süßen Klängen
Schatten aus vergang‘ner Zeit
die unerbittlich in uns drängen
Wir geben nach, die Arme weit
Komm zu mir, komm zu mir
Heute kommen wir nach Haus
Geister kehren wieder
Kälte löscht den Atem aus
Schnee
fällt auf off‘ne Lider
Und der Schnee
und der Schnee
er fällt und fällt
Er fällt
auf off‘ne Lider
Silentium
est infinitum
Und der Schnee
und der Schnee
und der Schnee
er fällt
Und der Schnee
und der Schnee
er fällt und fällt
Er fällt und fällt und fällt
Manes
nos frequentant
In umbra
evanuit
nostra vanitas
Sie kommen
Sie kommen
Sie komm’n
nach Haus
Geister kehren wieder
Epilog: Amarok
Erebus
Terror
„Ich war bei dir
auf deinem Schiff
der Erebus.
Sie lag zerschmettert im Eis.
Es war bitterkalt.
Wind peitschte über die Reling.
Niemand war zu sehen
bis auf dich.
Du schwebtest überm Achterdeck
die Arme seitlich ausgebreitet
wie unser Heiland am Kreuz.
So schwebtest du in der Luft
und starrtest auf mich hinab
die Augen aufgerissen
den Mund nach vorn gereckt
als würdest du sprechen wollen
doch heraus kamen nur
seltsam kehlige Laute
wie die eines Tieres
und dann sah ich ihn.“
Tuba mirum
spargens sonum
per sepulchra regionum
Coget omnes
Ante thronum
„Groß
wie ein ausgewachsenes Rind
ein schwarzes Ungetüm
ein Wolf
der dich langsam umkreiste
bevor er mich erblickte
und die Zähne fletschte
und ich erwachte
schweißgebadet
in unserem Bett
das du nie mehr
mit mir teilen wirst.“
Rigor mortis
„Denn du bist tot
das weiß ich jetzt.
Dein Geist ist zurückgekehrt
um mir das zu sagen.
Du bist tot.
Alle sind tot.
Gott
sei eurer armen Seelen gnädig.“
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JANUS sind zurück! Und wie! Im Wissen, auf ihre alten Tage nochmal ein echtes Pfund rausgehauen zu haben, strahlen RIG und Toby erschöpft um die Wette.
Zum ersten Mal seit "Schlafende Hunde" wagen sie sich mit "Terror" an eine komplexe Geschichte. JANUS haben seit zweieinhalb Jahren wie verbissen an ihrem bisher größten und aufwendigsten Unterfangen gearbeitet, einem Konzeptalbum über die berüchtigte Franklin-Expedition, die Mitte des 19. Jahrhunderts mit den beiden Schiffen "HMS Erebus" und "HMS Terror" zur Vollendung der Nordwest-Passage aufbrach und von der nicht eine Menschenseele lebendig zurückkehrte.
Es gibt "Terror" neben dieser aufs Wesentliche reduzierten Digital Edition außerdem auch als opulente Deluxe Edition inklusive achtzigseitiger Hardcover Graphic Novel und Download Code zu erwerben. Exklusiv über das Knochenhaus und nur solange der Vorrat der auf 1500 Exemplare limitierten Edition reicht:
shop.knochenhaus.de/tontraeger/248/terror-deluxe-edition
Was zunächst als Lied für das ewig in Arbeit befindliche Album "All die Geister" begann, endete als eigenes Album von 31:55 min. Länge bestehend aus einer einzigen, epochalen Komposition, die RIG halb scherzhaft als "Doom-Metal-Oper in D-Moll" bezeichnet.
Die musikalischen Welten, die bei "Terror" durchschritten werden, reichen von hörspielartigen Einschüben über Instrumentalpassagen, Choräle, Blastbeats und Riffgewitter bis hin zu elektronischen Spielereien. Zusammengehalten wird diese Moritat von RIGs Stimme und dem Chor, die sich zunehmend in Wahn und Verzweiflung der niedergehenden Expedition verlieren.
Während Toby und RIG die zugrundeliegende Liedstruktur wie immer zu zweit am Flügel konzipierten, begeisterten die beiden Janüsse in Folge zahlreiche, ebenso enthusiastische wie kompetente Helfer für ihr Projekt. Die komplette JANUS-Liveband sorgt für die nötige doomige Dunkelheit und Härte, wobei Gitarrist Emil Cezanne außerdem noch für die meisten Aufnahmen, die Gitarrenarrangements und den Mix verantwortlich zeichnet.
Die Schauspielerin und Synchronsprecherin Antje von der Ahe schlüpft auf "Terror" in die Rolle von Jane Franklin und sorgt mit ihrer ausdrucksstarken Stimme bei Prolog und Epilog für Gänsehaut. Helen Jahn kreiert mit einem gespenstischen Solo ihrer singenden Säge ein weiteres Highlight.
Komponist Tilman Sillescu schließlich hat mit seinen ausgefeilten Orchester-Arrangements nach "Ein schwacher Trost" erneut für die dazugehörige bombastische Untermalung gesorgt und zusammen mit RIG den Choral ausgetüftelt, der am Ende von 24 Mitgliedern des MDR-Rundfunkchors eingesungen wurden. Da das Orchester ebenfalls live von der kompletten brandenburgischen Staatskapelle unter der erfahrenen Leitung von Dirigent Bernd Ruf eingespielt wurde, kommen am Ende tatsächlich exakt 100 mitwirkende Musiker zusammen.
Für "Terror" sind JANUS nach hoffnungsvollem Beginn zunehmend durch die Hölle gegangen, so dass es an ein Wunder grenzt, dass das Album nun tatsächlich auch erhältlich ist. Oder, die Toby es treffend formuliert hat: "Je länger die Produktion andauerte, desto mehr wurde sie zu unserer eigenen Grenzerfahrung. Die Durchquerung der JANUS-Passage. Immerhin gab es bei uns keine Fälle von Kannibalismus zu verzeichnen..."
"SIE KOMMEN UNS HOLEN!"